Mein Update aus Kahe!
Familienbesuche und berührende Momente
In meinem letzten Bericht habe ich erzählt, dass die Familienbesuche für mich bisher die größte Herausforderung waren. Doch in dieser Woche hatte ich eines der schönsten Erlebnisse überhaupt: Unser zweiter Besuch bei den Familien war voller Freude!
Diesmal konnten wir den Dorfvorstehenden und den Erziehungsberechtigten mitteilen, dass die Stiftung NAFASI gemeinsam mit der KICE-Foundation 3 Kindern den Schulbesuch und eine Internatsunterbringung mit regelmäßigen Mahlzeiten und Gesundheitsbetreuung ermöglichen kann. Ohne diese Unterstützung von 3 Paten und Patinnen aus Deutschland hätten diese Kinder nie die Chance gehabt, eine Schule zu besuchen.
Die Freude, die Dankbarkeit und der Stolz in den Augen der Eltern und Dorfvorstehenden waren einfach überwältigend. Besonders berührend war der Moment, als wir die Füße der Kinder auf Papier umrandeten, um die Maße für ihre zukünftigen Schuluniformen zu nehmen. Ich habe gespürt, wie aufgeregt und gespannt sie dabei waren. Außerdem habe ich Fotos von den Kindern gemacht, um ihre Unterlagen für die Einschulung zu vervollständigen. Zu wissen, dass sie am 1. Oktober von ihren Eltern, Hosts oder Verwandten in die Schule begleitet werden und endlich ihren Bildungsweg beginnen können, ist einfach wunderbar.
Diese Erlebnisse zeigen mir immer wieder, wie viel wir gemeinsam erreichen können und wie wichtig unsere Arbeit hier ist.
Fortschritte beim Menstruationshygiene-Projekt
Ein weiteres Highlight war unser Besuch an einer der Schulen, die wir im Mai anlässlich des Internationalen Tages der Menstruationshygiene mit waschbaren Monatsbinden ausgestattet hatten. Wir nutzten die Gelegenheit, um die Schülerinnen – und auch einige Schüler – zu fragen, wie sie die Binden finden.
Ihre Antworten machten uns stolz:
Unsere waschbaren Binden ermöglichen es Mädchen aus armen Familien, überhaupt die Schule während ihrer Menstruation zu besuchen. Einmalprodukte sind oft unerschwinglich. Zudem sind sie gesünder, da sie keine schädlichen Chemikalien enthalten. Ein zusätzlich überraschender Vorteil, der uns nicht bewusst war: Wegen der fehlenden Müllentsorgung werden Einmalbinden in die Toiletten geworfen. Das ist besonders kritisch, wenn die ohnehin zu wenigen Toiletten gemessen an den großen Schülerzahlen verstopfen und unbrauchbar werden. Die Schülerinnen schätzen deshalb auch besonders die Umweltfreundlichkeit der Binden. Es war beeindruckend, wie stolz sie uns all diese Vorteile aufzählten – ein Beweis dafür, wie gezielt und wirkungsvoll dieses Projekt das Leben der Mädchen in Kahe verbessert.
Besonders beeindruckt hat uns, dass die Info-Poster, die wir beim Schuldirektor hinterlassen hatten, immer noch in der gesamten Schule hingen. Es zeigt, dass das Thema, initiiert durch unsere Aktionen, aktiv angegangen wird und Schritt für Schritt enttabuisiert werden kann.
Leider berichteten einige Mädchen, dass ihre Binden gestohlen wurden – wahrscheinlich eher aus Not als aus böser Absicht. Dieser Vorfall zeigt einmal mehr, wie wichtig dieses Projekt ist und wie groß der Bedarf an Menstruationshygieneprodukten in der Region Kahe ist.
Abschlussfest der 7. Klasse: Ein besonderer Tag
Für die meisten Kinder war die Verabschiedung der 7. Klasse der absolute Höhepunkt der letzten Wochen. Zu Ehren der Absolventinnen und Absolventen der Primary School gab es ein fröhliches Fest voller Tanz, Lachen und Freude. Die Schule bereitete für alle Kinder und ihre Eltern ein festliches Essen aus Reis, Gemüse und einer Art Bolognesesoße vor. Viele Familien brachten zusätzliche Gerichte mit, die untereinander geteilt wurden, was eine wunderbare Gemeinschaftsatmosphäre schuf.
Das absolute Highlight des Tages waren die liebevoll dekorierten Kuchen. Die Absolventinnen und Absolventen waren stolz, als sie ihre eigenen Kuchen anschnitten und symbolisch ihre Mitschüler damit fütterten. Dieser Moment war besonders berührend, weil er zeigte, wie sehr die Kinder diesen besonderen Tag genossen.
Besonders stolz sind wir darauf, dass auch drei unserer Nafasi-Kinder ihren Abschluss in der Primary School geschafft haben. Kinder, die nie die Chance auf einen Schulbesuch gehabt hätten. Im Januar werden sie ihre Reise an der Secondary School fortsetzen – ein großer Schritt auf ihrem Bildungsweg.
Start unseres Vertical Garden Projekts
Ein weiteres aufregendes Projekt, das wir gestartet haben, ist unser Vertical Garden Pilotprojekt. Es liegt mir besonders am Herzen, da es Familien helfen soll, selbst auf kleinstem Raum Nahrung anzubauen. Die extreme Armut und Aussichtslosigkeit, die ich in einigen Dörfern erlebt habe, zeigt, wie dringend eine solche Initiative gebraucht wird. Es ist eine konkrete Möglichkeit, das Leben vieler Familien nachhaltig zu verändern.
An der Schule, die auch einige unserer Nafasi-Kinder besuchen, haben wir den ersten Maissack aufgestellt. Dieser war gefüllt mit Erde und Dünger und wurde mit verschiedenen Samen und Setzlingen bepflanzt. Es ist unglaublich, das tägliche Wachstum der Pflanzen zu beobachten! Das Klima begünstigt ein rasches Wachstum. Auch die Schulkinder sind begeistert dabei und führen Protokoll, was wann und wie gemacht wurde. Dieses Projekt zeigt, wie leicht nachhaltige Veränderungen im Leben dieser Gemeinschaft bewirkt werden können.
Vorbereitungen für den Bau der Talanta Secondary School
Unsere Talanta Secondary School mit Internat und Berufsausbuildung, das derzeit größte Projekt der Stiftung, ist ebenfalls auf einem guten Weg. Wir führen aktuell Messungen auf dem Gelände durch, um den Bau voranzutreiben. Unser improvisiertes Messwerkzeug – ein 20 Meter langes Seil, das zwischen zwei Eisenstangen befestigt war – sorgte zwar für einige Herausforderungen, doch dank guter Teamarbeit gelang uns auch diese Aufgabe.
Wenn ich auf dem bereits vorbereiteten Gelände mit den riesigen Baobab-Bäume stehe, kann ich mir gut vorstellen, wenn hier die ersten Kinder über den Schulhof laufen. Sobald die Talanta Secondary School eröffnet ist, werden sich viele Prozesse für uns als Stiftung vereinfachen. Derzeit müssen wir die Kinder nach Abschluss der siebten Klasse auf private weiterführende Schulen mit Internat schicken. Das ist notwendig, weil unsere Kinder kein Zuhause haben oder dort nicht sein können. Um sicherzustellen, dass es den Kindern gut geht, werden sie dort regelmäßig besucht. Der organisatorische Aufwand ist immens. In den vergangenen Jahren mussten wir immer wieder Anfragen von Kindern aus der Community für den Besuch einer Secondary School ablehnen. Der Schulweg ist oft zu weit und zu gefährlich. In den Regenmonaten ist er wochenlang gar nicht passierbar. Für viele endet der Bildungsweg deshalb bereits nach der 7. Klasse, im Alter von etwa 13 Jahren. Die örtlichen Secondary Schools bieten keine Internate an, sodass keine Übernachtungsmöglichkeiten bestehen. Da auch Berufsausbildungsplätze fehlen, gibt es für die meisten Kinder keinen Ausweg aus der Armut.
Mit der Fertigstellung unserer eigenen Secondary School werden Kosten und der organisatorische Aufwand für uns deutlich geringer. Um den Bau der Schule zu unterstützen, habe ich begonnen, mit einigen Kindern Armbänder zu basteln. Diese werde ich mit nach Deutschland nehmen und auf Weihnachtsmärkten gegen Spenden verkaufen. Es mag eine kleine Initiative sein, aber sie bringt uns dem großen Ziel der Schulfertigstellung ein Stück näher – und den Kindern macht das Perlenfädeln großen Spaß!
Ein herzliches Zuhause
Für mich ist es ein besonderes Privileg, so lange vor Ort zu sein und die Entwicklungen hier hautnah mitzuverfolgen. Dies wäre nicht möglich ohne die herzliche Aufnahme in die Familie von Rose und Peter. „Mama Mangi“, wie Rose hier liebevoll genannt wird, hat mich komplett in ihren Alltag integriert. Ich helfe beim Kochen, bin in die abendliche Familienroutine eingebunden und durfte sogar an einer Pre-Wedding-Party eines befreundeten Paares teilnehmen – ein unvergessliches Erlebnis!
Ich bin den Menschen hier, die mir in dieser Zeit ein Zuhause bieten und mich unterstützen, unglaublich dankbar. Sie helfen mir, die Herausforderungen des Praktikums zu meistern und geben mir einen Rückzugsort, der in dieser intensiven Zeit Gold wert ist.
„Ein Kapitel, das mein Leben nachhaltig prägen wird“
Ich bin gespannt, was die zweite Hälfte meines Aufenthalts noch alles für Überraschungen und Herausforderungen bereithält. Aber eines weiß ich jetzt schon sicher: Diese Zeit wird mich für immer prägen und meine Sicht auf die Welt nachhaltig verändern.